Völlig eschöpft und todmüde bin ich gerade ins Hotelzimmer getaumelt. Aber es ist die Sorte Erschöpfung, die auch glücklich macht. Zwar anders als die glücklich machende Erschöpfung nach einem ausführlichen Bergtag, aber doch sehr gut. Nämlich Erschöpfung aus Input und Austausch, aus Gesprächen und Auseinandersetzung, aus Meinungsbildung und Vorurteilsauflösung.
Über 60 starke Frauen kamen für drei Tage in Flims zusammen. Sie teilen die Leidenschaft für Bewegung die draußen stattfindet. Und alle sind auf ihre Art strahlende Persönlichkeiten. Ich habe es als Ehre empfunden, in diesen erlesenen Kreis eingeladen zu werden und es war ein unglaublich ermutigendes und inspirierendes Wochenende.
Ich war jedenfalls hocherfreut lauter Frauen, Mädels und Girls kennenzulernen, die nicht in eine Sparte oder Kategorie passen, sondern die sich genau durch ihren Eigensinn, ihr entspanntes Selbstbewusstsein und gleichzeitige Fähigkeit zur Emotionaliät auszeichnen.
Eingeladen wurden wir alle von „Bloomers – women in their elements“, einem von Anna Weiß und Hannah Röther ins Leben gerufenen Hub, über das sich auch in Zukunft Outdoorsportlerinnen vernetzen können.
Benannt ist das Netzwerk nach Amelia Bloomer, einer Frauenrechtlerin und Zeitungsgründerin aus den USA um 1800, die erstmals ein Schnittmuster für Hosen für Frauen veröffentlichte.
Unter dem Motto „crashing the bos‘s party“ ist der European Women Outdoor Summit das erste Event seiner Art im deutschsprachigen Raum und ein zukunftsweisender Think Tank für den Outdoorsport im Allgemeinen.
In Voträgen und Workshops, Diskussionen und Präsentationen ging es um verschiedene Aspekte des weiblichen Outdoor Sports. Und natürlich ging es viel darum, was genau das bedeutet: weiblich. Fühlt man sich als Frau von dem Begriff „Girls“ degradiert? Sagen wir nicht selbst gern, dass wir mit den „Mädels“ unterwegs sind? Oder wollen wir doch lieber einfach „Frauen“ sein? Für mich schließt sich das alles nicht aus und kommt, wie so oft, auf den Kontext an. Aber „girls“ hin oder her: es herrscht offensichtlich Handlungsbedarf bezüglich der Gleichberechtigung im Outdoorsport.
„Das was bei Männern Mut heißt, wird bei Frauen blöder Leichtsinn genannt.“ Eine Aussage, die zunächst polemisch klingen mag. Wenn ich aber darüber nachdenke, muss ich leider zustimmen. Wie oft wurde ich auf meiner Alpenüberquerung von Männern UND Frauen gefragt, ob ich nicht Angst habe da oben? Oder ob ich das nicht zu krass fände, „als Frau… allein“. Werden einem Mann ähnliche Fragen gestellt? Oder geht man da allgemein (oft auch als Frau) eben davon aus, dass die schon wissen wie’s geht? Und warum das? Ich hätte da jedenfalls ein paar strahlende Gegenbeispiele im Kopf… Jedenfalls ist auch bemerkenswert, dass wir selbst als Frauen unsere Rollenbilder maßgeblich mitprägen.
Auf einmal fange ich an, über Partizipation und Sichtbarkeit nachzudenken und schon wird es politisch. Und darauf habe ich Lust. Ich will aktiv sein, ich will mich einsetzen, ich will andere Frauen (und Männer) motivieren und – wie auch in meinem sonstigen Beruf – dazu beitragen Schranken in Köpfen aufgehen zu lassen.
Ein Zitat vom Summit das sich mir nachhaltig eingeprägt hat, ist „Wir lieben es, die Ausnahmne von der Regel zu sein, aber so funktioniert Fortschritt nicht.“ So schwer es mir fällt, ich muss in dem Fall zustimmen. Auch ich bin lieber die Ausnahme von der Regel, aber damit wir als Frauen im Outdoorsport veränderte Bedingungen erreichen, müssen wir Allianzen bilden. Wir sollten viel mehr kooperieren, uns vernetzen, und unsere Sichtbarkeit steigern. Dazu müssen wir selbst aktiv sein. Immer wieder fiel der Ausdruck „einfach machen“, dem ich mich selbst auch sehr verbunden fühle. Denn nur so können wir selbst eine neue Sichtweise prägen, die letztendlich auch die innere und äußere Wahrnehmung von Frauen im Outdoorsport verändern wird. Chacka! Let’s do that!
Bebildert durch die Augen der Fotografen Christian Bock, Merlin Essl, April Larivee, Anne Kaiser, Anna Euler und Lars Schneider.