Von Februar bis Mai 2019 begleitete ich den 2.330 Kilometer langen Colorado River in den USA von seiner Quelle bis ans Meer. Der mächtige Fluss entspringt in den Rocky Mountains von Colorado und fließt dann durch Feuchtgebiete, Canyons und Wüsten. Als versiegender Bach überquert er die Grenze nach Mexiko und mündet schließlich, nun in einem völlig ausgetrockneten Delta, in den Golf von Kalifornien.
Auf meiner Strecke liegen einige der größten landschaftlichen Wunder des US-amerikanischen Westens. Aber auch der Colorado River selbst birgt unzählige Geschichten. Für indigene Stämme ist er ein heiliger Ort, für die Landwirtschaft ein lebenswichtiger Quell, für einen Staudammbauer der Beweis des menschlichen Triumphs über die Natur und für Städter ein Ort der Erholung.
Der Colorado River versorgt 40 Millionen Menschen mit Wasser. Er erlebt massive Ausbeutung, aber auch Respekt und Liebe; Gleichgültigkeit jedenfalls kaum. Entlang seines Verlaufs liegen nicht nur unzählige Landwirtschaftsbetriebe, sondern auch zahlreiche Minen und Kraftwerke. Nicht zuletzt bedeutet der Fluss immense touristische Einkünfte und die dazugehörigen Arbeitsplätze. Um die Frage, wem das Wasser gehört, entbrennt immer wieder heftiger Streit.
Rot leuchtende Bögen aus Sandstein, unglaubliche Farbkontraste zwischen Fels und Wasser und grenzenlose Weite. Zu Fuß am gefrorenen Fluss entlang, im traditionellen Dory-Holzboot durch die Stromschnellen des Grand Canyon oder im Packraft durch idyllische Landschaften oder im Tourenkajak über die Stauseen – immer ganz nah dran am Colorado River. Ein Erlebnis, bei dem ich anhand des Mikrokosmos entlang dieses Flusses tiefe Einblicke in das heutige US-Amerika erfahre.