Nachhaltigkeit neu denken
Der Begriff Nachhaltigkeit wird in den letzten Jahren überall bemüht. Alle wollen „nachhaltig“ sein. Nicht nur Umweltschutzorganisationen setzen sich für Nachhaltigkeit ein, sondern auch Touristiker möchten in ihrem Namen handeln. Früher den „Ökofuzzis“ vorbehalten, muss heute fast alles „bio“ und „grün“ sein, um sich gut zu verkaufen. Die Industrie – ich kenne das besonders aus dem Outdoorbereich – verspricht sich heute von „nachhaltigen“ Produkten einen positiven Imagegewinn. Während wir schließlich all diese positiv besetzten Güter mit gutem Gewissen konsumieren, stellen wir nicht mehr in Frage, was eigentlich dahintersteckt. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist weichgespült worden und hat einen schalen Beigeschmack bekommen.
Natürlich ist der Trend zur Nachhaltigkeit besser, als die ewige Jagd nach den Superlativen à la höher schneller weiter oder auch „billiger, billiger“. Aber ich finde es wichtig, genau hinzuschauen, damit man aufmerksam bleibt, wo der Begriff gegebenenfalls missbraucht wird. Ohne dass man dann darin stecken bleibt, sich darüber aufzuregen. Das kostet zu viel Energie. Am wichtigsten ist mir nämlich ein Plädoyer für einen positiv motivierten Umgang mit Umwelt- und Klimaschutz. Auch für weniger Dogmatik, weniger Moral, weniger Zeigefinger. Denn die Strenge nimmt oft die Freude weg.
Ich will weniger über Verlust von Freiheiten Verzicht von Luxus oder Einbußen von Effizienz sprechen, wie es Begriffe wie Flugscham suggerieren. Ich will nicht behaupten, dass man dies oder jenes nicht darf. Es ist auch zu einfach, nur dagegen zu sein. Stattdessen will ich beispielhaft vorstellen, wie und warum sich meine Lebensqualität stetig steigert, seit ich mich darum bemühe mein eigenes Leben Klima- und Umweltfreundlicher zu gestalten. Und ich möchte den Begriff Nachhaltigkeit gerne positiv wiederbeleben. Denn die Definition klingt reizvoll und inspirierend:
„Ein Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann.“
So steht es im Duden. Mir gefällt, dass Nachhaltigkeit somit als ganzheitliches Prinzip verstanden werden kann, dessen Wurzeln in den natürlichen Prozessen unseres Planeten liegen. Was kann es für ein besseres Vorbild geben, als diese weise alte Erde? Ich zumindest lasse ich mich von ihr nur zu gerne inspirieren, sie hat eine Menge Erfahrung.
Global denken, lokal handeln
Dass mich die Themen Umwelt- und Klimaschutz noch mehr interessieren, seit ich die Berge zu meinem Lebensmittelpunkt gemacht habe, ist naheliegend. Fast täglich sehe, fühle, höre, rieche und schmecke ich nicht nur, wie wunderschön es draußen ist, ich erlebe an mir und den Menschen um mich herum, wie wichtig es ist, den Kontakt mit der Natur nicht zu verlieren.
Prozesse in der Natur bieten Klarheit und Logik, Einfachheit und Ästhetik, ohne je platt oder langweilig zu sein. Für mich liegt die Motivation zu Klima- und Umweltschutz darin, dass ich das bewahren möchte, was mich bewahrt.
Anstatt darüber zu resignieren, mich über das “Fehlverhalten“ anderer aufzuregen und überall das (durchaus existente) “Greenwashing” zu verurteilen, möchte ich lieber produktiv sein. Das geht am leichtesten, indem ich bei mir selbst anfange. Natürlich lösen wir allein als Bürger und Konsumenten die bestehenden Probleme nicht. Vielmehr sind konsequente Entscheidungen und daraus folgende Änderungen in Politik und Industrie bzw. Wirtschaft notwendig. Aber gibt eine Verbindung zwischen dem Großen und Kleinen, und dieser will ich mit meiner Art zu leben Rechnung tragen. Wenn wir uns alle der Kraft bewusst werden, die wir als Konsumenten haben, können wir viel bewegen.
Selbst wenn wir uns im täglichen Leben selten aus einem gewissen Radius hinaus bewegen, so sind die Zusammenhänge mit der gesamten Erde doch sehr deutlich: Unser Wetter kommt nicht von Nebenan, unser Obst ist oft weiter gereist als wir, und unser politisches (Denk-)System ist älter und großflächiger vernetzt als unser Dorf oder unsere Stadt. Zeitlich ist mehr als unsere Lebensspanne relevant, denn wir sind nicht nur von dem geprägt was vor uns war, sondern ebenso prägen wir das, was nach uns kommt. Die Vergangenheit hat uns zur Gegenwart geführt, die Gegenwart führt uns in die Zukunft. Deswegen ist unser Verhalten heute relevant.